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Bordeaux-Jahrgänge

Wir werden von unseren Kunden immer wieder gefragt, ob dieser oder jener Jahrgang gut oder schlecht sei. Mit all den Jahrgängen und vor allem der fast endlosen Fülle von verschiedenen Weingebieten ist es schwierig, die Übersicht zu behalten. Jahrgangsschwankungen können natürlich überall auf der Welt auftreten, in absoluten Top-Gebieten sind sie allerdings noch relevanter als in anderen – dies gilt auch für die Bordeaux-Weine. Der Umstand, dass im Bordelais in jedem Jahrzehnt 2 bis 3 «Jahrhundertjährgänge» ausgerufen werden, hilft dabei natürlich auch nicht wirklich. 

Der Grund dabei ist folgender: Die meisten grossen Weinbaugebiete liegen in Regionen, in denen die dort angebauten Traubensorten knapp an der klimatischen Grenze liegen, in der diese noch reifen können. Dies ist im Bordelais unter anderem für Merlot und Cabernet Sauvignon der Fall, aber auch in anderen bekannten Gebieten wie im nördlichen Rhonetal für Syrah, oder in Montalcino für den Sangiovese. (Dies ist auch ein Grund, weshalb im kühleren Chianti nur ganz wenige reinrassige Sangiovese zu finden sind und die Weine meist mit bis zu 20% mit Merlot oder anderen Trauben verschnitten sind.) Der Vorteil dabei liegt an der längeren und gleichmässigeren Reifephase der Traube, die auch bei der Ernte noch genügend Säure aufweist, um die Ausgewogenheit des Weins zu gewährleisten. 

Es muss gesagt werden, dass die Weinproduktion – vor allem in Bezug auf die Agronomie, also die Arbeit in den Rebbergen – in den letzten 20 Jahren enorme Fortschritte gemacht hat. Dadurch ist die Anzahl schlechter Jahrgänge deutlich zurückgegangen. Aber auch die Klimaerwärmung hat das ihre dazu beigetragen – in Bordeaux ist man schon am Testen, ob mittel- oder langfristig andere Rebsorten zugelassen werden können, die besser mit wärmerem Wetter zurechtkommen. Hier ist vor allem der Merlot gefährdet.

Vor- und Nachteile guter Jahrgänge
Die Vorteile eines guten Jahrgangs liegen auf der Hand: Die Weine weisen ganz einfach eine höhere Qualität auf, und zwar über alle Preissegmente hinweg. Das heisst, dass einfachere Weine nicht «jahrgangsimmun» sind – ganz im Gegenteil. Mehr Qualität beim Wein heisst: intensive und vielschichtige Aromen, reife, aber präsente Gerbstoffe, eine gute Ausgewogenheit und ein langer Abgang. Diese Merkmale sind auch wichtig für das Lagerungspotenzials eines Weins: gute Jahrgänge können in der Regel deutlich länger gelagert werden als weniger gute. 

Aber es gibt auch eine Kehrseite der Medaille. Gute Jahrgänge brauchen Zeit. Obwohl es heute Techniken gibt, um auch grosse Weine aus exzellenten Jahrgängen schneller zugänglich zu machen, entfalten diese ihr volles Potenzial immer noch erst nach mehreren Jahren oder gar Jahrzenten. Zum Beispiel werden viele Bordeaux aus dem mittelpreisigen Segment der Spitzenjahrgänge 2009 und 2010 erst jetzt langsam trinkreif – und sind ein heisser Typ für die Weihnachts- und Neujahrsfeiern. Hier haben mittelgute bis gute Jahrgänge natürlich den Vorteil, dass sie meistens weniger teuer sind und auch schneller getrunken werden können. Ein weiterer Umstand, der nicht vergessen werden sollte, ist die Typizität der jeweiligen Region. Auch hier bieten Bordeaux-Weine guten Anschauungsunterricht. Während Spitzenjahrgänge zum Teil auch atypisch für die Region sein können, garantieren Weine aus guten aber nicht absoluten Topjahrgängen eine hervorragende Typizität. Paradebeispiel dafür ist der Jahrgang 2012. Während der Jahrgang zuerst als eher bescheiden eingestuft wurde, haben praktisch alle bekannten Weinkritiker ihre Noten für die Weine dieses Jahrgangs teilweise deutlich nach oben korrigiert. Das Gute daran: Die Preise blieben verhältnismässig tief, was es nun dem Geniesser ermöglicht, zum Teil hervorragende Qualität zu einem vernünftigen Preis zu erhalten.

Bordeaux-Weine bleiben damit etwas vom Spannendsten in der Weinwelt – sowohl punkto Qualität und Komplexität als auch hinsichtlich Vorzeigestil für die ganze Welt.